Stammtische

1.Mittwoch im Monat
Stammtisch im „Römer Pils Brunnnen"
ab 17 Uhr

2. Freitag im Monat "Landser Lunch"
Mittagsstammtisch wechselnder Ort
ab 12:30 Uhr

3. Mittwoch im Monat
Stammtisch im „Klaane Sachsenhäuser"'
ab 17 Uhr

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Von der Dr. Senckenbergischen Stiftung zur Gründung der Universität

Seit 74 Jahren besteht die Universität Frankfurt, im Vergleich zu den vielen alten deutschen Universitäten eine kurze Zeit. Warum gab es diese Universität nicht schon längst? Konnte sich diese Stadt der Wohlhabenden, konnte sich dieser b deutende Börsenplatz, konnte sich die Freie Stadt Frankfurt keine Universität leisten, oder wollte sie es nicht?
Die Versuche Frankfurts, Universitätsstadt zu werden, können in der Tat mit wenigen Sätzen abgetan werden. 1384 wollten die Frankfurter die Universität Paris an sich ziehen, als es dort in religiösen Fragen erhebliche Auseinandersetzungen gab. Der Versuch wurde sehr lau betrieben und mißlang, Universitätsstadt wurde Heidel¬berg.
1812, als die Stadt zum Großherzogtum Frankfurt gehörte, gab es hier eine medi-zinisch-chirurgische Lehranstalt, die mit anderen Fakultäten in Wetzlar und Aschaf-fenburg eine Landesuniversität bildete. Bereits ein Jahr später, mit der Auflösung des Großherzogtums, fand auch diese Universität ihr Ende, sie wurde von den Frankfurtern nie akzeptiert.
Die im Oktober 1866 in einer Rheinischen Zeitung formulierte Vorstellung, daß Preußen gleichsam als Zeichen der Wiedergutmachung an Frankfurt hier eine Uni-versität gründen sollte, ist wohl als naiv zu bezeichnen. Zwar hatten die Preußen die Stadt bei der Einnahme wie einen Kriegsgegner behandelt und ihr so übel mit-gespielt, daß sich der Oberbürgermeister FELLNER das Leben nahm und der be-rühmte Forschungsreisende RÜPPEL in die Schweiz auswanderte, aber amtlich stand dieses Thema nie zur Debatte.
Seit mehr als 200 Jahren gibt es aber in Frankfurt akademische Einrichtungen, die eine Fortbildung ihrer Bürger zum Ziele haben. Unter ihnen nimmt die Dr. Senckenbergische Stiftung einen hervorragenden Platz ein.
Die drei Söhne des aus Friedberg stammenden Arztes Dr. JOHANN HARTMANN SENCKENBERG hatten einen sehr verschiedenen Lebenslauf. Während der eine Reichshofrat am Kaiserlichen Hof in Wien war, wurde der andere jahrzehntelang und bis zu seinem Tode auf der Hauptwache gefangengehalten. JOHANN CHRISTIAN SENCKENBERG schließlich wurde Arzt. Nach einem kurzen Studium in Halle
 
und der Promotion an der 1737 eröffneten Universität Göttingen wurde er im gleichen Jahr und im Alter von 30 Jahren in die Frankfurter Ärzteschaft aufgenom-men. Nach zwei Ehen, aber ohne leibliche Erben, vermachte er 1763 (nach 26-jähriger Tätigkeit) seiner Heimatstadt eine Stiftung: eine medizinische Akademie und ein Bürgerhospital (also ein Krankenhaus für. Einheimische, während es bisher nur ein Hospital für erkrankte Auswärtige gegeben hatte). Alle diese Einrich¬tungen (Botanischer Garten, Anatomie, Chemisches Institut und Bürgerhospital) fanden ihren Platz in der Nähe des Eschenheimer Turms, auf einem Gelände, das SENCKENBERG eigens zu diesem Zwecke gekauft hatte. Noch vor der Vollendung seines Werkes stürzte er 1772 zu Tode. Aber seine Einrichtungen wurden fertig-gestellt und überlebten bis auf den heutigen Tag.
45 Jahre nach SENCKENBERGs Tode gründeten Bürger der Freien Stadt Frankfurt die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft. Ihr Museum wurde ebenfalls auf dem Gelände der Senckenbergischen Stiftung errichtet. Aus dieser Gesellschaft spaltete sich 1824 der Physikalische Verein ab, der nach der Trennung von einem seiner Gründungsmitglieder 1834 wieder in die Räume des Senckenberg-Museums zurückkehrte. Beide Gesellschaften, wie auch die Senckenbergische Stiftung, hielten jahrzehntelang regelmäßig Vorlesungen ab, an denen zahlreiche Frankfurter teil¬nahmen.
Von den anderen Institutionen Frankfurts, in denen auf den verschiedensten Gebie¬ten eine Fortbildung betrieben wurde, seien hier lediglich genannt: Die Polytech¬nische Gesellschaft (1816 gegründet und einen technischen sowie einen wirtschaft¬lich-sozialen Zweig umfassend), der Verein für Geographie und Statistik 1836,
der Ärztliche Verein 1845, das Städelsche Kunstinstitut    und das Freie Deut
sche Hochstift 1859.
Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang die Senckenbergische Bibliothek, zu der 1850 die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, der Physikalische Verein, der Verein für Geographie und Statistik, der Ärztliche Verein und die Senckenbergische Stiftung ihre Bibliotheken zusammenschlossen.
1866 fand die Selbständigkeit Frankfurts als Freie Stadt ein Ende. 1771 zogen ihre Bürger mit den Preußen zusammen in den Krieg gegen Frankreich, nach dessen Ende ergab sich eine neue Situation.
 
Das Jahr 1871 hatte die Einigung Deutschlands gebracht. Sie wirkte sich nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich aus. Die Grenzen zwischen den einzel¬nen Staaten fielen, Maß und Gewicht sowie Münzwesen wurden einheitlich. Zugleich setzte sich ein großer wirtschaftlicher Aufschwung fort, die Umstellung von Agrar-staat zu Industriestaat, von Handwerksbetrieb zu Industriebetrieb, von Klein
handel zu Großhandel.
Auch für Frankfurt ergab sich ein ganz wesentlicher Umbruch, vorwiegend nega¬tiver Art. In mehrfacher Hinsicht hatte die Stadt Einbuße erlitten. Sie hatte ihre Selbständigkeit als Freie Stadt verloren. Ihre führende Stellung auf dem Geldmarkt war durch das Anwachsen der Reichshauptstadt Berlin geschmälert. Der Regierungs-präsident saß in Wiesbaden, der Oberpräsident in Kassel. Auch wirtschaftlich war die an der Südgrenze der Provinz Hessen-Nassau gelegene Stadt nicht mehr Mittel-punkt.
Daß ihre Wirtschaft und die Finanzen während dieser Zeit in Ordnung kamen, hat die Stadt ihrem Oberbürgermeister MIQUEL (1880-1890) zu verdanken, der 1890 als Finanzminister nach Berlin berufen wurde. Ihm folgte im Amte des Ober-bürgermeisters 1891 ein neuer Mann.
1891 kam FRANZ ADICKES, bis dahin Oberbürgermeister von Altona, nach Frank-furt. Ein ausgesprochener Norddeutscher in Wesen und Erscheinung, verband er mit einem scharfen Verstand einen persönlichen Zauber, dem nur wenige wider-stehen konnte. Genial in seinen Ideen, zäh und beharrlich in ihrer Durchführung, mit sicherem Blick für das Erreichbare, war er durchaus Realpolitiker.
ADICKES' Erwägungen waren von Beginn seiner Amtszeit an auf ein Ziel gerichtet: Um Frankfurts Ansehen zu heben und ihm eine neue Anziehungskraft zu verschaf-fen, sollten die großen hier bereits vorhandenen Ansätze von Kunst und Wissen-schaft zusammengefaßt werden. Das war auf zwei Wegen zu erreichen: einerseits durch die Gründung einer Universität, andererseits durch den Ausbau der vorhan-denen Institute zu Forschungsinstituten ersten Ranges. ADICKES entschloß sich für die Gründung einer Universität, und innerhalb von zwei Jahrzehnten ist es seinem sorgsamen Vorgehen und seiner Beharrlichkeit gelungen, dieses Ziel zu erreichen. Aber ein großer Teil der Spenden war ausdrücklich für eine Universität gegeben. Das war sicher durch ADICKES so. "Ich war bei ADICKES und wollte eine Stiftung für den Physikalischen Verein machen und habe eine Stiftung für die Akademie gemacht", sagte einer der führenden Großindustriellen.
 
Einen ersten Schritt auf diesem Wege fand ADICKES in der Absicht der Industrie-und Handelskammer, akademische Kurse für junge Kaufleute abzuhalten. Die bis-her praktizierte kaufmännische Ausbildung konnte den gesteigerten Ansprüchen nach 1871 nicht mehr genügen. Die Kurse nahmen im November 1897 ihren An-fang. Als Vortragende wurden Gelehrte benachbarter Hochschulen und anerkannte Fachleute des wirtschaftlichen Lebens gewonnen.
ADICKES nahm sogleich Fühlung mit den beiden Präsidenten der Handelskammer auf und begann, das Ziel der Handelskammer mit den Absichten MERTONs zu ver-knüpfen. WILHELM MERTON wollte für fertige Juristen und Nationalökonomen Kurse über sozialpolitische und volkswirtschaftliche Fragen einrichten und durch von ihm besoldete Beamte abhalten lassen. Dies geschah 1886 durch die Gründung des Institutes für Gemeinwohl. Einer seiner Beamten faßte die Ziele zusammen: "Der gerade Weg zum Ziel des Institutes ist die Heranbildung sozial und wirtschaft¬lich geschulter Männer, die in ihrem Berufe in erster Linie praktisch, dann aber durch Wort und Schrift daran arbeiten, daß unsere Gewerbetreibenden sozial, unsere Sozialpolitiker ökonomisch denken lernen."
ADICKES schlug nun vor, gemeinsam eine Institution zu gründen, die den Namen "Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften" tragen sollte. MERTON griff den Gedanken sofort auf und stellte einen jährlichen Betrag von 20.000 Mark zur Verfügung sowie Lehrkräfte für eine Reihe von Unterrichtsfächern. Die Stadt sollte ihrerseits jährlich mindestens 10.000 Mark bewilligen und Räumlichkeiten für die Akademie zur Verfügung stellen. Als die Durchführung der Pläne 1898 und 1899 stagnierte, erwarb MERTON ein Gebäude in der Börsenstraße für die Akademie, erhöhte seinen Beitrag auf jährlich 30.000 Mark und stellte der Stadt einen einmali-gen Betrag von 300.000 Mark zur Verfügung. Die Stadtverordnetenversammlung nahm im Juni 1899 die von ADICKES entworfene Denkschrift entgegen und be-willigte nun einen jährlichen Zuschuß von 30.000 Mark.
Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an die Polytechnische Gesellschaft heranzutre¬ten und sie an dieser Akademie zu beteiligen. Im April 1900 gab die Gesellschaft ihre Zustimmung und stellte jährlich 5.000 Mark sowie ihre Bibliothek zur Verfügung.
Nun konnten Satzung und Vertrag zur Gründung der Akademie abgeschlossen und im September 1900 unterzeichnet werden. Sogleich konstituierte sich der Große Rat, von dessen Mitgliedrn eine Denkschrift über " ufgaben und Organisation der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt a.M." herausge
 
geben wurde. Die Kassenführung der Akademie, die Altersversorgung der Dozenten sowie die Versorgung der Witwen und Waisen wurde gegen Zahlung einer festen Prämie von der Stadt übernommen. Der Minister der geistlichen Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, STUDT, genehmigte die Errichtung der Akademie mit mehreren Maßgaben, z.B. daß zur Ausübung der Oberaufsicht über die Akademie ein Vertreter der Staatsregierung bestellt wird und daß für die Anstellung und Besoldung der hauptamtlich wirkenden Lehrer eine staatliche Zustimmung notwen-dig ist.
Im Herbst 1901 konnte die Akademie mit einem reichhaltigen Vorlesungsprogramm beginnen.
Was jetzt fehlte, war vor allem Geld. Die Genehmigung zur Gründung der Akademie war vom Minister ausdrücklich unter der Voraussetzung gegeben, daß sie sich finanziell jetzt und in Zukunft selbst unterhalten könne.
ADICKES war deshalb weitgehend auf Stiftungen aus der Bürgerschaft angewiesen, und von diesen hatte er zu diesem Zeitpunkt nur die MERTONsche zur Verfügung. Doch gab es berechtigte Aussichten, daß sich diese Situation ändern würde.
CARL CHRISTIAN JÜGEL hatte schon 1866 in seinem 83. Lebensjahr geschrieben: "Man spricht jetzt viel von den großen Industriellen Unternehmungen, mit denen man Frankfurts Wohlstand zu heben bemüht sein wird. Wir wollen aber nicht bloß stets schachern, sondern wir wollen auch in anderen Beziehungen den alten Glanz unserer Stadt zu erhalten suchen. Und das würde durch eine Universität sicher geschehen." Seine Stiftung in Höhe von 2 Millionen Mark sollte zur Errichtung entweder eines Krankenhauses oder einer Unterrichtsanstalt dienen. 1901, mit dem Tode seines jüngeren Sohnes, trat die Stiftung in Kraft. Die Stiftungsadministration unter dem Vorsitz von ADICKES entschied, daß man für Unterrichtszwecke ein Jügel-Haus bauen sollte. Dieser Beschluß ist seinerzeit viel angefeindet worden, weil der Gedanke an ein Versorgungshaus volkstümlicher war.
MERTON hatte die Erwartung geäußert, daß es dem Oberbürgermeister gelingen werde, weitere Mittel zum Ausbau der Akademie zu beschaffen. Bei dem Bankier SPEYER und den Höchster Farbwerken kam er zum ersten Erfolg. Es entstanden
1901: Die Doktor Lucius-Meistersche Studienstiftung (500.000 Mark).
1901: Die Georg und Franziska Speyersche Studienstiftung (1 Mio. Mark). 1907: Die Eugen Tornow-Stiftung (470.000 Mark).
1909: Die Arthur von Weinberg-Stiftung.
 
Mit diesen Stiftungen wurden die einzelnen Lehrstühle finanziert. Aus den 36 Be-suchern der Akademie waren nach 3 Semestern 121 und nach vier Jahren 300-400 geworden. 1906 gab es bereits 14 ordentliche Professuren mit einem Etat von 232.000 Mark.
Der nächste Schritt zur Universität mußte es nun sein, die verschiedenen Institutio¬nen an einem Ort zusammenzuführen. Hierzu bot sich das Gelände der Dr. Sencken-bergischen Stiftung am Eschersheimer Turm an. Hier lagen die Gebäude der Stiftung, der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und des Physikalischen Vereins. Wenn das Bürgerhospital verlegt würde, könnte das leerstehende Gebäude der Aka¬demie zugeteilt werden. Aber die Stadtverordnetenversammlung lehnte eine Verle¬gung des Bürgerhospitals ab.
Wegen der allgemeinen Raumnot entschloß sich die Stiftung nunmehr, ihren Grund¬besitz zu verkaufen, um aus den gewonnenen Mitteln neues Gelände zu erwerben und auch für die Neubauten einen Betrag zu erübrigen.
Schon im September 1902 hatte ADICKES namens der Jügelstiftung mit der Dr. Senckenbergischen Stiftung verhandelt und den Vorschlag gemacht, die Jügelstiftung und die anderen wissenschaftlichen Institute in die Nähe der Bockenheimer Land¬straße zu verlegen. Die Stiftungsadministration nahm den Gedanken auf und lud die Vorstände der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und des Physi¬kalischen Vereins zu einer Besprechung am 3. Dezember 1902. Sie bot ihnen Gelände und Baugeld an.
Die beiden Baumeister NEHER und VON HOVEN stellten einen Entwurf der drei Neubauten für den Physikalischen Verein, die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und die Dr. Senckenbergische Stiftung her, in dem sie auch den Zu-sammenhang der Gebäude durch verbindende Arkaden zum Ausdruck brachten. Nun beriefen beide Gesellschaften auf den 21. Februar 1903 eine Generalversammlung ein, in der zu einer Verlegung der wissenschaftlichen Institute an die Viktoria-Allee - heute Senckenberg-Anlage - die Zustimmung erteilt wurde.
Bis 1906 waren die Rohbauten fertiggestellt, 1907 weihte die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, 1908 der Physikalische Verein ihre Gebäude ein.
Zu gleicher Zeit wurden auch das neue Bürgerhospital an der Nibelungenallee und das Senckenbergische Pathologisch-Anatomische Institut in Sachsenhausen gebaut.
 
Das große Gelände an der Senckenberg-Anlage war durch die geplanten Bauten noch nicht ausgefüllt, neben der Senckenbergischen Bibliothek blieb ein großes Stück frei. Das erwarb die Jügelstiftung. Auf diesem Bauplatz errichtete nunmehr Architekt NEHER ein Unterrichtsgebäude, das "Jügelhaus".
Oberbürgermeister ADICKES, der Vorsitzender sowohl der Jügelschen und der Speyerschen Stiftungsverwaltung wie des großen Rates der Akademie war, sorgte bei der Anlage des Jügelhauses dafür, daß dort auch die Akademie für Sozial-und Handelswissenschaften Aufnahme finden konnte. Der Bau wurde gleichzeitig mit den Senckenberg-Instituten in Angriff genommen. Am 21. Oktober 1906 weihte ADICKES den Neubau mit einer akademischen Feier ein.
Am 20. November 1909 verschied Frau FRANZISKA SPEYER. In ihrem Testament waren etwa 1,5 Millionen Mark zu Gunsten der Akademie festgelegt. Damit war die Möglichkeit eines weiteren Ausbaues gegeben. Die Erträgnisse waren mit 61.000 Mark veranschlagt.
Die Verwaltung der Speyerschen Studienstiftung - unter dem Vorsitz des Oberbürger-meisters - beschloß drei Wochen später, diese Mittel zur Begründung weiterer Lehrstühle der juristischen und philosophischen Fakultät zu verwenden und gleichzeitig die Gründung einer Universität zu betreiben. Für die philosophische Fakultät wurden fünf neue Lehrstühle veranschlagt. Dabei wurde von Zoologie, Mineralogie und Botanik abgesehen, da seitens der Studienstiftung beabsichtigt war, über die Lehr-stühle für Naturwissenschaften mit der Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung und der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft sowie mit dem Physikalischen Verein in Verbindung zu treten.
Sechs Wochen später erfolgte der erste Bericht an den Kultusminister. Er enthielt einen Hinweis auf das kommende Bedürfnis des Staates nach solchen Universitäten, die sich (wie in England und Amerika) aus eigenen Mitteln zu erhalten vermögen, ferner auf die beabsichtigte Beschränkung auf drei der alten historischen Fakultäten (nach dem Vorgang von Münster, nur daß an Stelle der Theologie hier die Medizin treten sollte).
In den wissenschaftlichen Gesellschaften war man sich nicht so schnell über diese Pläne einig. Man fürchtete, mehr aufzugeben als man gewinnen könnte. Lieber eine private Gesellschaft ersten, als eine Universität zweiten Ranges, war die allgemeine Meinung.
 
ADICKES hatte die Vertreter dieser Vereinigungen am 5. März 1910 zu sich in den Römer geladen. Mit dem Allgemeinen Landrecht in der Hand kam er herein und begann seine Ausführungen mit dem Hinweis, daß in Preußen Universitäten Veranstaltungen des Staates sind, daß also die Errichtung einer "freien akademischen Universität", wie man sie sich 1848 in Frankfurt einmal vorgestellt hatte, eine Unmöglichkeit ist. Nach seiner Meinung sollte die Gründung der Universität in der Weise erfolgen, daß der Magistrat, die Gesellschaften und Vereine einen Vertrag miteinander abschließen sollten, in dem sie sich gegenseitig zu bestimmten Leistungen für eine zukünftige Universität verpflichteten. Dieser Vertrag sollte dem zuständigen Ministerium eingereicht werden. Er mußte zunächst die beteiligten Stifter aufzählen und erklären, daß diese übereingekommen sind, ihre verschiedenen Lehr- und For-schungsanstalten für Universitätszwecke zur Verfügung zu stellen, und daß sie die Verpflichtung übernehmen, nicht nur deren erste Einrichtung, sondern auch ihre dauernde Unerhaltung sicherzustellen.
Zu den vorerst in Aussicht genommenen Fakultäten gehörte nun auch (um die Handels¬hochschule organisatorisch einzugliedern) die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät.
Bei der verhältnismäßig starken Besetzung der naturwissenschaftlichen Fächer ergab sich die Trennung einer Naturwissenschaftlichen von der Philosophischen Fakultät - erstmalig in Preußen - fast von selbst.
Zu dieser Zeit wandten die Stiftungen und Vereine für den akademischen Betrieb jährlich bereits rund eine Million Mark auf, die Stadt für die Kliniken rund 750.000 Mark. Für die Universität waren 2,1 Millionen Mark vorgesehen (zum Vergleich: Göttingen 1,7; Marburg 1,3 Millionen).
Am 28. September 1912, vormittags 11 Uhr, wurde auf dem Römer der Stiftungs¬vertrag von allen Beteiligten unterzeichnet. Seine Wirksamkeit hing nunmehr nur noch von der Königlichen Genehmigung ab. Sie erfolgte durch einen allerhöchsten Erlaß am 10. Juni 1914.
Am Abend des gleichen Tages wurde ADICKES von Tausenden von Frankfurtern verabschiedet, er trat am 30. September 1912 vom Amte des Oberbürgermeisters zurück.
 
Fast war es ein Wunder, daß in den Wirren der Zeit die Frankfurter Universität nicht vergessen wurde. Daß es nicht geschah, verdankt sie dem persönlichen Ein¬greifen des Kaisers. Mit dem Datum des 1. August 1914 unterschrieb er die Sat¬zung.
Am 16. Oktober fand die erste Immatrikulation statt, und am 18. meldete der Rektor dem Kaiser, daß die Universität in aller Stille ihre Arbeit beginne. Darauf erhielten Rektor und Senat aus dem Großen Hauptquartier ein Kaiserliches Glück-wunschtelegramm.
Am Montag, den 26. Oktober versammelte der Rektor den Lehrkörper und die Studentenschaft, soweit sie in Frankfurt waren, um mit einer schlichten Ansprache die Universität zu eröffnen.

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